Lieber Freund, die Eulen

Ich bin an den Eulen gescheitert.
An diesen Nachtwesen, so spezialisiert, so ausgeformt und daunig befiedert und ich, noch im Kokon und voller Furcht um meine Schemtterlingsflügel. Ich bin an den Eulen gescheitert mit jedem Tag, der verstrich. Schweigende Musen. Beim Zigarettenholen, im Vorbeigehen, der aufdringliche Geruch falsch gewählten, billigen Rasierwassers von jugendlichen, bartlosen Gesichtern. Ihnen folgten rauchende, stark geschminkte Mädchen, alles was sie über Eulen wissen, haben sie aus Harry Potter. Wochenlang schlich ich durch die Parks der Stadt, wenn niemand mich vermißte, bei Nacht. Einen Kauzruf zur Hoffnung. Zwischen schlafenden Tieren aus Stahl und bunten Nashörnern eindringliche Reklamen ohne Stimme. Die Zugvögel schon lange fort, sie lassen ihren irgendwo entflohenen tropischen Verwandten zurück, dessen Stimme gegen den Winter zittert. Ich sperre den Winter aus, damit die tropischen Rufe am Morgen nicht verklingen. Jeden Morgen horche ich bang. Der Winter antwortet mit Stürmen, ich suche weiter. Mein Kokon will nicht wachsen. Ich kann mir keine Eule mehr vorstellen. Sie sind sämtlich ausgestorben in meiner Welt der weißen Kokons und weißen Laken, der klinischen Sauberkeit, der fehlerhaften Gerüche. Oh, ich weiß, was ich früher getan hätte. Ein Blick in den Spiegel hätte mir eine Eule gezeigt oder eine Feder, ein Kind oder eine Königin. Jetzt erblicke ich nur seßhafte Suche um die Mundwinkel. Jeder neue Morgen ein Zittern: Die tropische Stimme wird schwächer. Ich habe im Zoo angerufen, im Oktober schon, sie wollten sich kümmern, sie versprachen, sich zu melden. Ich warte.
Ob sie dort Eulen haben, vergaß ich zu fragen.

TheSource
parallalie - 20. Jan, 17:34

Liebe Freundin

Liebe Freundin,
ich hab’ Dir die Eulen verborgen, damit sie nicht das wiederholen, was man ihnen in den Mund legt. Nein, ich werde meinen Text, der von ihnen handelt, nicht hierherstellen. Dein Text ist Eule genug. Und so plötzlich, wie eine Eule nur im Dunkel auftaucht und schon wieder fort ist. Nein, er ist nicht fort, ich lese ihn immer wieder, und meine Augen sind selber schon von all den Kokons zugewachsen, die Dir nicht wachsen wollen. Aber Kokons wachsen doch nicht. Sie öffnen sich - irgendwann. Und werden zurückgelassen. Hätte ich ein anderes Stichwort wählen sollen? Eines, aus dem sich Tag- statt Nachtseide spinnen ließe? Oder nur einen unscheinbaren Faden? Durch die Parks? Vergiß den Zoo, er wird sich nicht melden. Seine Tiere wird er nie frei lassen. Sicher, für mich war es einfacher hier auf dem Lande, den Eulen zuzuhören, sie auch geduckt auf den Stromleitungen sitzen zu sehen. Ich höre sie jeden Abend. Sie gehören dazu. Und Du hast nun selbst allein singen wollen. Ich respektiere das. Drum stelle ich mich in die Kommentare. Andernfalls käme ich mir vor wie ein Zaunkönig. Unter solchen Schwingen.
Das nächste Stichwort?

TheSource - 20. Jan, 21:26

Da ich an den Eulen

scheiterte, bist Du immer noch dran (Thema).
Reh Volution - 20. Dez, 20:06

Frohe Weihnachten und einen guten Rutsch wünsche ich ...
LG
REH

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Reh Volution - 20. Dez, 20:06
Da ich an den Eulen
scheiterte, bist Du immer noch dran (Thema).
TheSource - 20. Jan, 21:26
Liebe Freundin
Liebe Freundin, ich hab’ Dir die Eulen verborgen, damit...
parallalie - 20. Jan, 17:34

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Zuletzt aktualisiert: 19. Jul, 10:10

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